Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Diabetes-Erkrankung des US-Schauspielers Tom Hanks warnt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) vor einer Verharmlosung der Stoffwechselstörung als bloßes Lifestyle-Problem. Der Hollywood-Star leidet seit zwanzig Jahren an überhöhten Blutzuckerwerten und hatte in einer US-Talkshow erklärt, sich keiner Radikaldiät unterziehen zu wollen, wie von seinem Arzt angeraten. Teile der Öffentlichkeit hatten Hanks daraufhin vorgeworfen, er nehme seine Erkrankung nicht ernst. „Weniger Gewicht und mehr Bewegung können den Ausbruch eines Diabetes zwar verzögern, mit zunehmender Erkrankungsdauer nützen Diäten jedoch immer weniger, so dass Medikamente schließlich notwendig werden und einen essenziellen Bestandteil der Therapie bilden“, erklärt Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel, Präsident der DDG.
Diabetes Typ 2 ist eine Stoffwechselstörung, bei der das körpereigene Hormon Insulin seine Wirkung verliert und den Zucker im Blut zunehmend schlechter abbauen kann. Verschiedene Studien bei Menschen mit erhöhtem Diabetesrisiko belegen: Lebensstilmaßnahmen können fast die Hälfte aller neuen Diabeteserkrankungen in den ersten Jahren verhindern, nach zehn Jahren sinkt die Quote auf ein Drittel. Um dies zu erreichen, sind mindestens dreißig Minuten Ausdauersport pro Tag erforderlich, eine Verringerung des Körpergewichts um mehr als fünf Prozent und eine bewusste Ernährung mit einem Anteil von 30 Prozent Fett, zehn Prozent gesättigte Fettsäuren und 15 Gramm Ballaststoffen pro 1000 Kilokalorien. „Der Effekt solcher Diäten lässt mit der Zeit jedoch leider häufig nach“, so Siegel.
Darüber hinaus gibt es Menschen, die auf eine Lebensstiländerung mit Gewichtsreduktion gar nicht ansprechen, obwohl sie alle Vorgaben befolgen. Bei etwa der Hälfte der Menschen, die sich in einem Diabetes-Vorstadium befinden, normalisieren Bewegung, Gewichtsreduktion und Ernährung den Blutzucker nicht. „Ob die Lebensstiländerung Erfolg hat, hängt auch von Faktoren ab, auf die wir keinen unmittelbaren Einfluss haben“, erklärt Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Pressesprecher der DDG.
Denn Diabetes Typ 2 wird nicht nur durch Überernährung und Bewegungsmangel ausgelöst. Auch genetische Veranlagung und vor allem auch die Funktionstüchtigkeit der insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die Betazellen, spielen eine wichtige Rolle bei der Frage, ob ein Diabetes ausbricht oder nicht. „Viele Faktoren können die Wirkung einer Diät aushebeln“, erläutert Fritsche. „So ist zu erklären, warum eine Ernährungsumstellung im Laufe der Jahre immer weniger nützt und Medikamente notwendig werden.“
Tom Hanks musste für seine Ablehnung einer ausschließlichen Radikaldiät zur Behandlung seines Diabetes harsche Kritik einstecken. Die DDG-Experten halten dies für unberechtigt und warnen daher ausdrücklich davor, den Anschein zu erwecken, Diabetes sei allein durch eine Ernährungsumstellung und Gewichtsreduktion dauerhaft in den Griff zu kriegen. „Wer dies unterstellt, verharmlost die Erkrankung als bloßes Lifestyle-Problem“, warnt Andreas Fritsche. Menschen mit Diabetes seien auf ärztliche Behandlung angewiesen, zu der in einem gewissen Stadium der Erkrankung in der Regel eine medikamentöse Therapie gehöre.
Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft