Unter der Therapie mit bestimmten Medikamenten gegen Bluthochdruck scheint häufiger Diabetes aufzutreten. Das verdeutlicht ein jetzt beim DIMDI veröffentlichter HTA-Bericht (Health Technology Assessment). Unter Diuretika und Betablockern wurde häufiger eine Diabetesentwicklung beobachtet. Wie das zu bewerten ist, ist jedoch unklar. Ob neuere (und teurere) Wirkstoffgruppen deshalb jedoch kosteneffektiver sind, können die Autoren auf Basis der im Bericht betrachteten Studien nicht abschließend beantworten.
Viele Patienten mit Bluthochdruck (Hypertonie) sind gleichzeitig zuckerkrank. Bisher wurde das vor allem auf gemeinsame Risikofaktoren, z.B. Übergewicht, zurückgeführt. Neuere Studien zeigen, dass auch Medikamente gegen Bluthochdruck die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes beeinflussen können. Wie ein unter Therapie entstandener Diabetes klinisch zu bewerten ist, konnte anhand der vorliegenden Literatur allerdings nicht ausreichend geklärt werden. Daraus kann nicht ohne weiteres ein Schaden für die Patienten abgeleitet werden. Wichtige Daten fehlen, z.B. zur klinischen Bedeutung eines bereits bestehenden Diabetes verglichen mit einem unter antihypertensiver Therapie entstandenen Diabetes hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse.
Der Bericht
Welche Wirkstoffgruppen die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes möglicherweise fördern, ist die zentrale Frage des HTA-Berichts. Die Autoren analysierten dazu Studien zur medikamentösen Behandlung des Bluthochdrucks aus einer systematischen Literaturrecherche. Das Ergebnis zeigt, dass Diabetes verstärkt unter Diuretika und/oder Betablockern auftritt. ACE-Hemmer (Angiotensin-Umwandlungsenzym-Hemmer) und Angiotensin-Rezeptorblocker besitzen eine eher präventive Wirkung. Unter ihnen werden die vergleichsweise geringsten Diabetes-Raten beobachtet. Kalziumantagonisten wirken neutral.
Obwohl die Arbeiten einen hohen Evidenzlevel besitzen, sehen die Autoren Einschränkungen: So unterscheiden sich beispielsweise Einschlusskriterien und Dauer der untersuchten Studien. Zudem erfolgte keine der Untersuchungen in Deutschland, wodurch die Ergebnisse nur schwer auf die hiesige Situation übertragbar sind. Auch können erst weitere Forschungen zeigen, ob der unter medikamentöser Therapie entstandene Diabetes nach Absetzen oder Wechsel des Arzneimittels umkehrbar ist oder nicht.
Dennoch empfehlen die Autoren, ihre Ergebnisse bei der Wahl von Medikamenten gegen Bluthochdruck zu berücksichtigen. Zeigt ein Patient Risikofaktoren, die eine Entstehung eines Diabetes begünstigen (wie Übergewicht, chronische Herzinsuffizienz, beeinträchtigte Nüchternglucosewerte), sollten ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker für die Therapie erwogen werden.
Bluthochdruck: ein wachsendes Problem
Bluthochdruck ist weltweit für über die Hälfte der Todesfälle durch Schlaganfall und für etwa 25 Prozent der Todesfälle durch koronare Herzkrankheit verantwortlich. Durch die demografische Entwicklung sind immer mehr Menschen betroffen: Das Lebenszeitrisiko, eine Hypertonie zu entwickeln, liegt bei der Gruppe der über 55-Jährigen bei rund 90 Prozent. Gleichzeitig sind immer mehr Menschen in den westlichen Industrieländern fettleibig. Übergewicht wiederum erhöht die Gefahr, an Bluthochdruck zu erkranken. Übergewicht und Bluthochdruck zählen zu den Risikofaktoren für den Typ-2-Diabetes. Diese chronische Erkrankung gehört zu den teuersten Stoffwechselstörungen in Deutschland.
Diabetesneuentstehung unter antihypertensiver Therapie
Grimm C; Köberlein J; Wiosna W; Kresimon J; Kiencke P; Rychlik R
HTA-Berichte bei DAHTA
Die HTA-Berichte sind in der DAHTA-Datenbank beim DIMDI bzw. im HTA-Journal bei German Medical Science (GMS) kostenfrei als Volltext abrufbar.
Das DIMDI stellt über das Internet hochwertige Informationen für alle Bereiche des Gesundheitswesens zur Verfügung. Es entwickelt und betreibt datenbankgestützte Informationssysteme für Arzneimittel und Medizinprodukte und verantwortet ein Programm zur Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien (Health Technology Assessment, HTA). Das DIMDI ist Herausgeber amtlicher medizinischer Klassifikationen wie ICD-10-GM und OPS und pflegt medizinische Terminologien, Thesauri, Nomenklaturen und Kataloge (z. B. MeSH, UMDNS, Alpha-ID, LOINC, OID), die für die Gesundheitstelematik von Bedeutung sind.
Das DIMDI ermöglicht den Online-Zugriff auf seine Informationssysteme und über 60 Datenbanken aus der gesamten Medizin. Dafür entwickelt und pflegt es moderne Software-Anwendungen und betreibt ein eigenes Rechenzentrum.
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